Kurz vorm Fest die "Krisen-Ausgabe" von Herberts Welt! Obwohl: Eigentlich will Herbert doch nichts anderes als aufmuntern, motivieren und den Blick aufs Wesentliche lenken. Denn merke: Es ist immer nur so schlimm, wie man es sich selbst einredet!
Viel Spaß beim Lesen, ob gleich hier auf der Seite oder auf dem Portal unserer lieben Kollegen der marktforschung.de!
Krisen über Krisen - Rien ne va plus oder jetzt erst recht?
2022 neigt sich dem Ende. Gott sein Dank mag man sagen! Denn was bitteschön war das für ein Jahr?! Es gab, nein, es gibt mehr Krisen als in ein Quartettspiel passen würden. Und jedes Krisenformat verfügt über seinen ganz eigenen Joker, mit dem es die Konkurrenten ausstechen kann: Virus sticht Gesundheit, Krieg sticht staatliche Ordnung, die Inflation den Konsum, China die Lieferketten, politischer Extremismus die Demokratie. Und das Klima … ja, das Klima sticht natürlich ALLES!
Fehlt doch nur noch die Landung von Ufos mit einem Haufen Außerirdischer. Das wäre zumindest mal was Neues.
Aber zurück zu den irdischen Themen: Was macht denn eine solch' undurchschaubare, unfassbar komplexe Gemengelage mit einer Gesellschaft? Was passiert nicht nur in den Köpfen der Bürger, sondern genauso in den Köpfen der Entscheider von Unternehmen? Und was, wenn es tatsächlich noch dicker kommt? Ist dann in der Wirtschaft allgemeiner Fatalismus angesagt und damit "Management by Hoffnung"?
Hier eine Binsenweisheit: Unternehmen lieben Sicherheit, Orientierung, Weitsicht. Alles Bedürfnisse, die in Krisenzeiten wie diesen nicht schwächer, sondern noch viel stärker werden. Denn Kopf in den Sand - das kann sich keiner leisten. Somit sind wir als Marktforscher gefragter denn je, im Krisen-Chaos den Durchblick zu behalten und unseren Firmenkunden trotzdem die richtigen strategischen Entscheidungen zu ermöglichen. Oder mit einem schönen Bild gesprochen: Marktforschung ist gerade in stürmischer See mehr denn je wie der Kompass auf der Brücke. Daher gilt: Marktforschung sticht Unsicherheit! Wir sind Schutzschirm und Ratgeber zugleich. Ahoi!
Aber Moment. Können wir das derzeit überhaupt leisten? Was, wenn selbst WIR vor lauter Gischt den Horizont aus den Augen verlieren? Ja, ich liebe maritime Metaphern! Aber im Ernst: Sind wir sicher, dass Markt- und Meinungsforschung in derartig volatilen und unberechenbaren Zeiten dennoch seriöse und valide Ergebnisse liefern? Oder anders: Könnten unsere Kunden nicht sogar glauben, dass bei neuerlichen Kalamitäten die Haltbarkeit unserer Ergebnisse einer offenen Tüte Milch in der Sommerhitze gleicht? Und ganz ehrlich, Bröckchen in der Milch, die braucht nun wirklich kein Mensch!
Komplexität und Multidimensionalität? Ja, gerne! Ich will hier nun keinem Bange machen, aber etwas Selbstreflexion schadet ja nie. Auf meine eigene Frage reagiere ich sowieso mit dem mir eigenem gesunden Selbstbewusstsein - und zwar wie folgt: Na klar, es sind herausfordernde Zeiten. Aber hat die Marktforschung nicht schon ganz andere Krisen bewältigt? Komplexität, Multidimensionalität und Undurchsichtigkeit - da fühlen wir uns doch ganz in unserem Element! Und wie heißt es doch so treffend: "Wäre es einfach, dann könnte es ja jeder." Eben!
Mit traditionellen sowie digitalen Methoden verfügt unsere Branche über alle nötigen Arbeitsmittel und vor allem über reichhaltige Erfahrung, auch in chaotischen Zeiten Zielgruppen zu analysieren, Entwicklungen aufzuspüren, Muster zu erkennen und diese für Entscheider in strategische Empfehlungen zu übersetzen.
Business as usual ist nicht angebracht. Trotzdem sind dies keine Zeiten wie alle anderen. Vielmehr müssen auch wir den aktuellen Herausforderungen mit besonderen Anstrengungen begegnen. Worauf kommt es jetzt vor allem an: Noch näher an die Probanden zu rücken, die Personas noch trennschärfer zu modellieren, mögliche Zukunfts- bzw. Krisen-Szenarien noch präziser einzupreisen und nicht zuletzt auch die Kunden mehr als zuvor in die Pflicht zu nehmen, den kompletten Prozess mit uns gemeinsam zu gehen.
Die Mechanismen und Parameter, wie Menschen ihre Meinungen, Urteile oder ihr Denken bilden, sind uns allen bekannt und die gelten grundsätzlich auch in Krisenzeiten. Aber nun kommt es noch mehr auf den Kontext an. Denn dieser übt einen erheblichen Einfluss auf das Verhalten von Personen aus, je nachdem wie sie von den Krisenszenarien individuell betroffen sind.
Antizipieren von verschiedenen Wirklichkeiten. Dass unsere Forschungsbefunde nur unter Berücksichtigung von möglichen Szenarien sinnvoll interpretiert werden können, war natürlich schon immer so. Nun ist aktuell jedoch die potentielle Vielfalt der künftigen Wirklichkeiten besonders groß. Keiner kann auch nur halbwegs prognostizieren wie es weitergeht. Wohin entwickelt sich die Inflation, die Energieknappheit oder die Lieferkettenstörungen? Was ist mit dem Fachkräftemangel, der Staatsverschuldung oder den politisch-gesellschaftlichen Polarisierungen? Die Kriegsängste, die akuten Klimaprobleme oder die bedrohliche Schieflage diverser Konzerne kommen da noch hinzu. Wichtiger denn je sind folglich das Denken und Agieren in einem Meer von Möglichkeiten!
Was können wir zusätzlich tun, um unseren Kunden auch weiterhin der verlässliche und vertrauensvolle Anker ihrer Entscheidungsfindung zu bleiben? Hier einige Maßnahmen, die an den Stellschrauben unserer Arbeitsroutinen drehen:
Investitionen in (noch) mehr Qualität. Immer ein passender Ansatz sind unsere Standards für gute Marktforschung: Die kritische Überprüfung von Repräsentativität, Objektivität, Validität und Reliabilität - sowie der konstruktive Check aller etablierten Prozessschritte unserer Arbeit. In anderen Worten. Den richtigen Personas noch exakter den Finger auf ihren Puls legen und die eigenen Sensoren noch feiner justieren und flexibilisieren - ganz im Sinne der Customer Centricity. Nichts davon sind revolutionäre Maßnahmen, doch schon wenig Aufwand kann zu spürbaren Verbesserungen führen, die in sensiblen Zeiten besonders wertvoll sein können.
Ergebnisstärkung durch Methodenmix. Es ist deutlich mehr Aufwand, aber sicherlich stärkt es die Resultate, wenn quantitativ erhobene Daten durch zusätzliche qualitative Methoden überprüft und geschärft - oder eben falsifiziert werden. Marktforschung erinnert mich an dieser Stelle - wieder metaphorisch gesprochen - immer schon an "Malen nach Zahlen": Für den Fall, dass eine quantitative Erhebung nicht ausreicht, also im Ergebnis nicht über ein farblos strukturiertes "Bild" hinauskommt, so geben uns qualitative Methoden die noch fehlenden Informationen, um die verschiedenen Abschnitte des Motivs bunt auszumalen und damit doch noch zu vervollständigen.
Zusammenarbeit mit den Kunden intensivieren. Marktforschung endet nicht mit der bloßen Übergabe der Ergebnisse an den Kunden. Sollte es zumindest nicht. Vor allem in krisen-dynamischen Zeiten schützt es den Wert der Insights vor dem Verfall, wenn wir Marktforscher auch in der Implementierungs- sowie der anschließenden Evaluierungsphase an Bord bleiben. Auf diese Weise haben wir zudem die Chance, für das nächste Projekt des Kunden zu lernen, um diesen dann noch effektiver zu beraten.
Hybris ist out, Demut ist angesagt. Es wäre ziemlich überheblich zu behaupten, dass die heutige Weltlage keinen relevanten Einfluss auf die Ergebnisse unsere Studien hätte. Natürlich hat sie das. Das gilt es mit der nötigen Demut den Kunden gegenüber ehrlich und klar zu sagen. Doch es ist nicht nur ein Spruch, wenn wir sagen: Je schwieriger und unberechenbarer das wirtschaftliche Umfeld, desto wertvoller wird jede Orientierung, die wir mit unseren Daten erarbeiten können.
Noch mal: Es ist wichtig, dass wir künftig NOCH genauer hinsehen. Auf die Bedürfnisse unserer Kunden, auf die Persönlichkeiten der Probanden und auf die eigene Qualität als Marktforschungsinstitut. Wenn wir während des ganzes Projektes mit allen Beteiligten eng und auf Augenhöhe kommunizieren, dann wird die Zusammenarbeit auch in dieser verrückten Welt produktiv fruchten, um so den Firmen die dringend benötigten Richtungs-Entscheidungen zu ermöglichen.
Und die Außerirdischen? Was, wenn die tatsächlich auf der Bildfläche erscheinen? Mein Vorschlag: Nicht lange fackeln, sondern gleich rein mit den Gestalten in eine moderierte Fokusgruppe! Wer es bis zu uns auf die Erde schafft, weiß bestimmt auch Lösungen für diesen überdimensionalen Blumenstrauß an Krisen. Aber falls nicht, bleibt mir noch folgendes Schlusswort, für Sie liebe Leser:
Ich wünsche Ihnen und Ihren Liebsten eine schöne, besinnliche Adventszeit & ein frohes Fest. Und fürs neue Jahr alles was Sie sich selbst wünschen, nur doppelt. Denn alles wird gut. Ganz sicher!
Herzlichst, Ihr Herbert Höckel
Herbert Höckel ist geschäftsführender Gesellschafter hier bei bei der moweb research GmbH. Seit mehr als 25 Jahren ist er Marktforscher. 2004 gründete er die moweb GmbH, welche er bis heute als Inhaber führt. Die moweb aus Düsseldorf ist international tätig und eines der ersten deutschen, auf digitale Verfahren spezialisierte Marktforschungsinstitute.